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Tagfahrlicht

"Willst Du schon wieder einen Batterietest machen?" fragte mich im vergangenen Jahr ein Oldtimerfreund anlässlich einer Fahrt durch Österreich. Ich hatte, als wir die Autos zur Mittagspause abstellten, wieder einmal vergessen, das Licht auszuschalten. Leider sind wir durch unsere modernen Autos, bei denen zumindest das Fahrlicht beim Abziehen des Zündschlüssels auf Standlicht/Begrenzungslicht zurückgeht, sehr verwöhnt. Bei manchen Autos wird man auch durch ein akustisches Signal gewarnt, aber bei Oldtimern – Fehlanzeige.


Nun gibt es immer mehr Länder, die das Fahren mit Licht am Tage vorschreiben und bei Nichtbefolgen auch kräftig abkassieren. Andererseits: die Leistung unserer Lichtmaschinen in den alten Fahrzeugen und die Batteriekapazität sind nicht gerade darauf ausgelegt, üppig Strom zu verbrauchen. Daher lohnt es sich, das Tagfahrlicht einmal speziell für die Belange des "Alteisens" zu beleuchten. Allerdings: auch bei heutigen Fahrzeugen steht elektrische Energie nicht unbegrenzt zur Verfügung, so dass viele Länder spezielle Tagfahrleuchten vorschreiben bzw. erlauben, die weniger Energie verbrauchen, als die Hauptscheinwerfer des Fahrzeugs.

1. Die Vorschriften
Zunächst müssen wir unterscheiden zwischen Benutzungsvorschriften und Ausrüstungsvorschriften. Die Benutzungsvorschriften richten sich an den jeweiligen Fahrer, beim Fahren Licht einzuschalten. Es geht hier um die Straßenverkehrsordnung (in Deutschland: StVO). Das gilt für alle Fahrzeuge. Die Ausrüstungsvorschriften hingegen betreffen nur die neu in Verkehr kommenden Fahrzeuge, d.h. wir reden dann über die Zulassungsvorschriften (in Deutschland: StVZO). Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass nicht viele Besitzer von Oldtimern ihre Fahrzeuge mit – nicht zeitgenössischen – Tagfahrleuchten nachrüsten wollen. Also können wir diese Vorschriften hier sicher unberücksichtigt lassen.

Während für die Zulassung von Neufahrzeugen eine Vereinheitlichung der vorgeschriebenen oder erlaubten Tagfahrleuchten auf internationaler Ebene angestrebt wird, sind die Benutungsvorschriften Ländersache. In einer Dokumentation von DaimlerChrysler, die wir freundlicherweise nutzen dürfen, sind inzwischen 38 verschiedene Länder mit ihren Vorschriften für das Fahren mit Licht am Tage gelistet. Da vermutlich wenige Oldtimerfreunde mit ihrem Fahrzeug nach Übersee gehen, sind in der folgenden Tabelle der Übersichtlichkeit halber nur die an den deutschsprachigen Raum angrenzenden Länder bzw. die wichtigsten Tourismus-Länder Europas aufgeführt.


Land
Licht an
Wann
Wo
FahrL.
NebelL.
BegrenzL.
Bosnien/Herzegov
X
immer
Alle Str.



Bulgarien
X
immer
Alle Str.



Dänemark
X
immer
Alle Str.
w
w
?
Deutschland
e


w
?

Finnland
X
01. Sept – 30. Apr
außerorts



Frankreich
e


w
w
?
Griechenland
verboten
tagsüber
innerorts



Italien
X
immer
Autobahn



Kroatien
X
immer
Alle Str.



Litauen
X
01. Nov – 31. März
Alle Str.
X


Norwegen
X
immer
Alle Str.
w
w

Österreich
X
immer
Alle Str.
w
w
?
Polen
X
01.Okt – 28.Feb
Alle Str.



Portugal
X
immer
Autobahn



Rumänien
X
immer
Alle Str.



Russland
X
immer
außerorts
X


Slowakei
X
15.Okt - 15.März
Alle Str.



Slowenien
X
immer
Alle Str.



Schweden
X
immer
Alle Str.
X


Tschechien
X
immer
Alle Str.
w
w

Ungarn
X
immer
außerorts
w
w
w

Zeichenerklärung: X = vorgeschrieben, e = empfohlen, w = wahlweise, ? = unklar

Man sieht deutlich, dass alle Länder heftigen Gebrauch davon machen, individuell zu bestimmen, wann man wo mit welchem Licht fahren darf oder muss. In einigen Ländern ist – bisher – nicht einmal ausdrücklich vorgeschrieben, welche Leuchten man benutzen darf, so dass es sich in jedem Fall lohnt, der Frage nachzugehen, mit wie wenig (Energie-)Aufwand man mit dem Oldtimer auskommt. Natürlich kann man immer und überall das Fahrlicht (Abblendlicht) benutzen. Dann liegt man auf der sicheren Seite.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Dinge in vielen Ländern noch im Fluss sind und sich jederzeit wieder ändern können!

2. Die elektrische Energiebilanz
Die Problematik der elektrischen Energie wird schnell deutlich, wenn man einmal die Lichtmaschinenleistung und die benötigte Leistung zum Fahren mit Licht gegenüberstellt.

Beispiel
BMW 502 (Modell 2600L), V8-Motor, 110 PS, Baujahr 1963 (also sogar noch recht jung!)

Dauerverbraucher




Zündung

40 W


Zwischensumme 1


40 W






Licht




Abblendlicht
2 x 40 W
80 W


Begrenzungsl vo/hi
4 x 5 W
20 W


Kennz. Beleuchtung
2 x 5 W
10 W


Armaturenbrett-Bel.
4 x 2 W
8 W


Zwischensumme 2


118 W

Zwischensumme 1+2



158 W





Zusätzliche Verbraucher




Nachträgl. el. Benzinpumpe

30 W


Scheibenwischer

30 W


Heizgebläse

60 W


Beleuchtetes D-Schild

5 W


Zwischensumme 3


125 W

Summe 1 bis 3



283 W






Noch nicht berücksichtigt sind hier die Kurzzeitverbraucher Anlasser, Fahrtrichtungsanzeiger, Kontrollleuchten, Bremslicht, Rückfahrscheinwerfer, Innenleuchten, Hupe

Die angegebene Maximalleistung der Lichtmaschine beträgt bei diesem Fahrzeug 160 W! Schon mit der Motorelektrik und den Basis-Lichtfunktionen reicht also die Generatorleistung theoretisch nur knapp aus! Benutzt man dort, wo es erlaubt ist, anstelle der Hauptscheinwerfer wenigstens die Nebelscheinwerfer (sofern vorhanden), spart man immerhin 10 W (2x35W statt 2x40W). Außerdem: unsere Glühlampen waren bisher nicht auf täglichen Dauerbetrieb ausgelegt. Wir müssen also mit häufigerem Versagen rechnen. Zu dumm, wenn einem tagsüber ein Glühfaden im Abblendlicht ausfällt und man nachts dann mit halber Beleuchtung fahren muss. Auch das spricht dafür, die Nebelscheinwerfer als Tagfahrlicht zu benutzen. Eine weitere, allerdings nicht ganz legale, Möglichkeit wäre, für die Nebelscheinwerfer Glühlampen mit weniger Leistung, also z.B. 21W statt 35W, einzubauen. Was für die Fahrtrichtungsanzeiger von der Helligkeit reicht, müsste auch als Tagfahrlicht durchgehen, aber: es ist leider nicht legal.

3. Der Umgang mit knappen Ressourcen
Wenn elektrische Energie an Bord knapp ist, dann darf man sie nicht verschwenden, z.B. indem man das Licht auch auf dem Parkplatz aus Versehen brennen lässt. Hier gibt es eine wirklich einfache und billige Möglichkeit, sich ein Warnsignal einzubauen, das den Fahrer beim Aussteigen daran erinnert, dass noch Licht brennt.

Erste Voraussetzung ist natürlich, dass das Fahrzeug eine Innenraumbeleuchtung hat, die durch Türkontaktschalter aktiviert wird. Zweite Voraussetzung ist, dass der Türkontaktschalter Masse schaltet und die Innenraumleuchte an Plus liegt. Für diese Konstellation gibt es im Baumarkt (OBI) zum Preis von weniger als 5€ einen Summer mit integrierter Gleichrichterdiode, den man mit der Leitung zum Standlicht (+) und dem Türkontaktschalter (Masse) verbindet. Ist nun das Licht eingeschaltet und man öffnet die Tür, ertönt das Warnsignal. Wirklich problemlos zu installieren. Außerdem ist der kleine Summer mit seinen zwei dünnen Drähtchen so gut zu verstecken, dass auch die Originalität des Autos keinen optischen Schaden nimmt. Der Summer funktioniert übrigens auch bei 6V-Anlagen. Einen einfachen Warnsummer ohne Diode sollte man nicht nehmen, weil man bei den elektrischen Anlagen in gealterten Autos vor Rückstrom (bei schlechten Masseverbindungen einzelner Verbraucher) nie ganz sicher ist. Dann geht der Alarm los, obwohl er gar nicht soll.

Es gibt auch Autos (z.B. der erwähnte BMW V8), da liegt Plus am Türkontaktschalter und Masse an der Innenraumleuchte. Da muss man sich dann eine Relaisschaltung ausdenken, die Spannung an den Warnsummer gibt, wenn sowohl (Stand-)Licht wie auch Türkontaktschalter gleichzeitig ein Plus geben.

4. Fazit
Um das Fahren mit Licht am Tag – so zweifelhaft auch der Sinn sein mag – kommen wir nicht herum. Vielleicht können wir aber verhindern, dass wir mit Oldtimern ohne Strom liegen bleiben und damit den vermuteten Sicherheitsgewinn durch Tagfahrlicht ins Gegenteil verkehren.



Detlef Frank
Gemeinschaftsstr. 13
85435 Erding
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